Antikes Boiotien - Ancient Boiotia
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Orchomenos


 

Eine "Kurzgeschichte"

Orchomenós wird zur Unterscheidung von dem arkadischen Orchomenós bereits bei Homer das minyische genannt. Es war seit dem Neolithikum ununterbrochen besiedelt. In der Genealogie seiner mythischen Könige spiegelt sich die Zeit der griechischen "Völkerwanderung" an der Wende vom 3. zum 2. Jahrtausend v. Chr. wieder. Aus dieser Zeit ist König Minyas namengebend für die mykenische Epoche in Boiotien und König Orchomenós für den nach ihm benannten Herrschaftsbereich in der westlichen der Kopais.

Am trojanischen Krieg nahm es mit einem eigenen Kontingent von 30 Schiffen teil. Orchomenós hat mit großer Wahrscheinlichkeit am Anfang der mykenischen Zeit die Region dominiert. Hierfür sprechen u.a. auch die wasserbaulichen Maßnahmen zur Regulierung des Kopaissees aus dieser Zeit. Sie nahmen mit der Kanalisierung des Kephissos-Flusses von Orchomenós ihren Ausgang und bestimmten die wirtschaftliche Entwicklung der Kopaisebene. Bereits gegen Ende der mykenischen Zeit mußte Orchomenós sich aber wohl letztlich der Vorherrschaft Thebens beugen.

In den folgenden Jahrhunderten hat es sich immer bemüht seine Eigenständigkeit zu bewahren. Deshalb befand es sich bei politischen und kriegerischen Auseinandersetzungen, die von außen in die Region hineingetragen wurden fast immer auf der Seite der Gegner Thebens, also z.B. Spartas oder Makedoniens. Mitte des 5. Jahrhunderts war es in der Schlacht bei Koroneia wesentlich daran beteiligt, die ein Jahrzehnt vorher begründete athenische Fremdherrschaft über Boiotien dauerhaft abzuschütteln. Nach dem Peloponnesischen Krieg blieb es entgegen der Politik Thebens pro-spartanisch und zog daraus bis zu Beginn der Thebanischen Hegemonie Vorteile. 364 v. Chr. wurde es von Theben völlig zerstört, die überlebenden Einwohner in die Sklaverei verkauft.

Phillip II. führte eine Generation später, nach der Schlacht von Chaironaia, die wenigen übriggebliebenen Einwohner in ihre Heimat zurück. Die Stadt, vor allem auch die Stadt- und Burgmauern sowie das Gipfelkastell auf dem Akontion wurden mit Unterstützung Alexanders wiederaufgebaut und Orchomenós übernahm nun sogar bis zum Ende des 3. Jahrhunderts die Führung im Boiotischen Bund. Damit erlebte es zu Beginn der hellenistischen Zeit, vor allem in der Diadochenzeit, eine Art Renaissance. Anschließend wurde es trotz gelegentlicher Erwähnung letztlich bedeutungslos und war, als Pausanias es im 2. Jahrhundert n. Chr. besuchte, eine verödete Stadt.

(Peter Teuthorn)

   
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