Antikes Boiotien - Ancient Boiotia
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Kopais


Deichbauten

 


Archaischer Damm in der Bucht von Akraiphia

(Archaik, 800 - 500 v. Chr.)

Voraussetzungen
Das Hochwasserableitungssystem der Minyer war in der archaischen Zeit gestört, jedoch noch nicht entscheidend geschädigt. Es kann daher ein temporär gutes bis mäßiges Funktionieren, mit zeitlichen Verschlechterungen, vorausgesetzt werden.  Der Kopaisse fiel bei guter Witterung weiterhin im Sommer trocken.

Trockenlegung der Bucht von Akraiphia zur Landgewinnung
In Nachahmung minyscher Polderbauten wurde ein Deich in der Bucht von Akraiphia errichtet, der diese gegen den See absperrte. Er wird aufgrund seiner Konstruktion, die deutlich die Kopie der äußeren Form minyischer Deichbauten ist, in eine spätere Zeit, die Archaik, datiert. Die Architektur dieses Bauwerkes wird von Knauss als Meisterleistung bezeichnet, als wasserbauliche Maßnahme war er ein technischer Fehlschlag (1).


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Die Trasse an der Bucht war so ausgewählt, daß ein geringer Aufwand an Bauhöhe nötig war. Vorbilder waren vermutlich minyische Buchtenabriegelungen im Norden und Süden der Baustelle, also die Polderdämme von Gla und Medeon. Diese Bucht wurde von den Minyern jedoch absichtlich offengelassen, da sie die wichtgsten Vorfluter zur Abführung der winterlichen Seehochwasser und zur Trockenlegung der Beckenmitte enthielt, nämlich zwei leistungsfähige Katawothren am Südrand, sowie eine Reihe von Sinklöchern im mittleren Teil des Seitentales. Die große Katawothre Palaiomylos (=Alte Mühle) wurde mehrere 100 m ins Innere hinein künstlich kanalisiert durch Höhlengänge und Nischenausmauerungen (2).

Die Deichmauer bestand aus massiven Kalksteinblöcken, die in polygonaler Fügung zusammengesetzt wurden. Wegen des nicht mehr vorhandenen Wissens um die leichteren, lehmgedichteten Steinmauern der Minyer war die Folge, daß wegen des hohen Gewichtes der Kalksteinblöcke hydraulische Grundbrüche entstanden. Es kam zu Setzungen einzelner Mauerpartien, die Steine verlagerten sich gegenseitig, so daß klaffende Fugen entstanden. Der Damm konnte daher nicht über längere Zeit dichthalten. Er wurde zweimal repariert. Die erste Version war die Hinzufügung einer Mauer aus Porosquadern, die jedoch ein ähnliches Schicksal erlitt wie der ursprüngliche Damm. Diese Maßnahme hatte also nur kurzzeitigen Erfolg. Das Wissen um die Technik der minyischen Wasserbauten scheint zu dieser Zeit endgültig verloren gewesen zu sein (3).

Folgen
Diese Maßnahme war vor allem Schuld an der Verschlechterung der Hochwasserverhältnisse der Kopais in späterer Zeit. Der Zugang zu den größeren Katawothren war nun versperrt, so daß die Hochwässer in Folge um einiges schlechter abfließen konnten. Grundsätzlich scheint das System jedoch noch intakt gewesen zu sein. Dies zeigen weitere Maßnahmen aus dieser Zeit in der Bucht von Akraiphia.

Weitere Maßnahmen in der Bucht von Akraiphia
Dort werden von Ulrichs 1840 sieben Schächte genannt, die sich unten wie Zisternen erweitern. Sie wurden von Fiedler, einem Geologen, 1836 ebenfalls erwähnt, jedoch nicht bei Phillipson 1890. Ulrichs schreibt: "Es breitet sich nehmlich wenige Fuss unter dem fruchtbaren Boden innerhalb dieser Bucht eine harte Steinkruste aus, unter der lockeres und poröses Flöz liegt, wie schon Strabon im allgemeinen von Böotien vermerkt. Man braucht hier deshalb bloss die obere Kruste zu durchbrechen, damit sich das Wasser in dem durchlöcherten Flöz verlaufen konnte."

Diese Schächte sind durch die heutige, intensive landwirtschaftliche Nutzung der Kopais eingeebnet worden. Ihr Vorhandensein und ihr Zweck wird von Knauss jedoch nicht bestritten. Zeitlich werden sie von ihm nach der Entstehung des archaischen Dammes als Ausgleichsmaßnahme für seine Fehlfunktion, bis spätestens in die Zeit des 1. Jahrhunderts n. Chr. eingeordnet, weil später durch fortschreitende Sedimentation der Seeumfang zunahm und solche Maßnahmen nicht mehr den gewünschten Erfolg bringen konnten.

Am Isthmos, einem kleinen Kalksteinrücken, der die Bucht von Akraiphia von der Ebene am Hyle-See trennt, gab es einen weiteren Versuch zur Rettung des Systems. Ein künstlicher Einschnitt von bis zu 30 m Tiefe und beträchtlicher Breite soll hier angelegt worden sein. Er folgt als offener Graben der tiefsten Einsattelung und endet plötzlich in einer senkrecht aufsteigenden Felswand. Beobachtungen wurden hierzu von Leake, 1835, Ulrichs, 1840 und von Phillipson, 1894 gemacht, jedoch nicht weiter verfolgt. Der Beweis für einen menschlichen Eingriff steht hier noch aus.

 

©Christina Dieckhoff 2001

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(1): Knauss, Kopais 2, S. 243.
(2): Knauss, Kopais 2, S. 246-47.
(3): Knauss, Kopais 2, S. 248.


 
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