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Kopais
Deichbauten
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Zwei Durchtunnelungsversuche
(Späthelladikum, ca. 1200 - 1100 v. Chr.).
Zweite große Flutkatastrophe am Kopaissee
Laut Knauss ist Gla möglicherweise das homerische Arne, das
im Schiffskatalog genannt wird (1). Der dazugehörige Polder könnte
dem Weinland der Ilias entsprechen. Genaue schriftliche Belege für
diese namentliche Zuordnung gibtes nicht, jedoch wurden in diesem
Polder bedeutende Funde großer Siedlungsreste dieser Zeit gefunden,
die eine solche Vermutung nahelegen. Unter der Bezeichnung "Athamantische
Ebene" soll das Gebiet einst zu Orchomenos gehört haben (2). Strabon
berichtet von einer Überschwemmung Arnes und Mideias durch den
Kopaissee (3). Da beide Städte bei Homer noch als Teilnehmer am
Troianischen Krieg (4) genannt werden, ist es möglich, daß
kurze Zeit später eine weitere Flutkatastrophe eintrat. Ein Beweis
dafür ist nach Knauss das gänzliche Fehlen von Siedlungsschichten
für die Zeit SH lll C (Minyer), so daß er eine Katastrophe
am Ende von SH lll B annimmt (5).
Gla war bis in die Neuzeit Zuflucht für die Umwohner bei
höherem Wasserstand des Kopaissees und selbst bei einer größeren
Katastrophe nicht vom Hochwasser bedroht.
In einer Untersuchung des Nisi von Strowicki wurden Schichten
einer größeren Überschwemmung aus nachminyscher Zeit
gefunden. Der archäologische Befund zeigt anschließend eine
längere Unterbrechung der Besiedlung. Für Knauss ist damit
klar, daß in diesem Gebiet tatsächlich eine Stadt aus der
homerischen Zeit untergegangen ist (7), die möglicherweise dem
Namen Mideia (8) zuzuordnen ist. Ein Hinweis darauf wäre auch der
Bericht, die Quellnymphe Mideia sei am Nordwestrand der Kopais zu Hause.
Selbstverständlich sind dies jedoch keine Beweise für eine
eindeutige Identifizierung von Gla.

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Rettung des Wasserbausystems mit Durchtunnelungsversuchen
Das Ende der minyischen Kultur steht parallel zum Untergang der mykenischen Kultur auf dem gesamten griechischen Gebiet. Es wird mit dem Verfall des inneren Machtgefüges,
dem Unterliegen der Stadt Orchomenos im Streit mit Theben (9) oder auch
der Einwanderung der Dorer begründet, worüber in der Forschung noch keine Einigung herrscht.
Durch oben genannte Flutkatastrophe könnte dieser Niedergang erheblich
beschleunigt, wenn nicht sogar ausgelöst worden sein. Möglicherweise
durch den Einsturz des Tores der Spitia-Katawothre nach einem Erdbeben
könnte diese aprupt verschlossen worden sein (10). In Folge kam
es zum Aufstau der weiterhin nachfließenden Wassermengen, zu einem
Rückstau im Kanal mit Folge einer Überschwemmung der Polder.
Parallel dazu gab es in Gla gegen 1220 eine Brandkatastrophe.
Folgen
Die Nachwirkung dieser Katastrophe war, daß die Polder
anschließend nicht wiedererrichtet wurden, da für spätere
Siedlungen keine archäologischen Funde existieren. Als Ausgleichsmaßnahme
für den Verlust der Spitia-Katawothre ist der Versuch einer Durchtunnelung
des Kephalaripasses zu verstehen. Bei Pausanias wird erwähnt, daß
die Orchomenier das Werk des Herakles, das heißt den verstopften
Schlund (=Katawothre), durchbrochen haben, eine klare Überlieferung
einer Reparatur der Katawothren oder sogar des Durchtunnelungsversuches
der späten Minyer.
Durchtunnelungs-Versuch
Bei d er
Binia-Katawothre beginnt eine Reihe von 16 quadratischen Schächten,
1,5 x 1,5 m mit verschiedener Tiefe, die sich über den Kephalaripaß
hinzieht und dessen Sattellinie folgt. Die Schachtwände sind sorgfältig
geglättet und enthalten auch als Treppenlöcher gedeutete Vertiefungen.
Die Schächte münden in einen zu 2/3 fertiggestellten Tunnel,
der an der Binia-Katawothre seinen Ursprung hat. Dieser Anlage ist 1893
von Kambanis ein Artikel gewidmet worden. Diese Anlage war eindeutig
zur Entwässerung des Kopaissees in Richtung Larymna konstruiert
und ist eine Nachahmung seines natürlichen Abflusses durch die
Katawothren. Der relativ leicht zu bearbeitende Kalkstein, sowie die
Möglichkeit, an mehreren Stellen gleichzeitig an diesem Tunnel
zu arbeiten (mehrere Schächte), ergeben nach Knauss eine Fertigungszeit
von ca. 1 Jahr. Die Technik dieses Tunnelbaus ist aus Persien ab dem
1. Jahrtausend v. Chr. nach Griechenland gekommen. Eine eindeutige Datierung
ist in diesem Fall also nicht möglich. Der Versuch wurde jedoch
vorzeitig aufgegeben, da kein Durchstich zum See gemacht wurde.
Möglicherweise ist dies ein Zeichen für die allgemeine rapide
Verschlechterung der Lage in der Region, so daß wegen des Verlustes
an politischem Zusammenhalt diese gewaltige Baumaßnahme aufgegeben
werden mußte. Insgesamt haben die minyischen Bauten zur Seeregelung
jedoch in der ganzen Antike Bestand gehabt, da alle weiteren Maßnahmen
eine Einbindung in dieses System zeigen.
Das Hochwasserableitungssystem war in der nachfolgenden Zeit
gestört, jedoch noch nicht entscheidend geschädigt, daher
kann für eine gewisse Zeitspanne weiterhin ein temporär gutes
bis mäßiges Funktionieren des Systems, mit zeitlichen Verschlechterungen,
vorausgesetzt werden.
©Christina Dieckhoff 2001
____________________________
(1): Homer, Ilias, 2, 207.
(2): Pausanias, 9, 14, 1 und 3.
(3): Strabon, 1,3,18.
(4): Obwohl in der Forschung um eindeutige Datierung des troianischen
Krieges nach wie vor gestritten wird, hat dieser vermutlich spätestens
gegen 1200 v. Chr. stattgefunden. Reste dieser Geschichte sind bei Homer
in der Ilias überliefert. Der Schiffskatalog, ältester Teil
dieses Epos, enthält in kurzer Aufzählung die im Zusammenhang
mit dem Kopaissee wichtigen Orte, von denen für diesen Kriegszug
Schiffe, Mannschaft und Kriegsgerät gestellt wurden.
(5): Knauss, Kopais 2, S. 114.
(6): Lauffer, Kopais 1, S. 200-01, zitiert Willamowitz, Hermes 26, 1891.
(7): Lauffer, Kopais 1, S. 200-01.
(8): Strabon, 1,59, 9, 413.
(9): Pausanias, lX, 9, 1; Pausanias, lX, 23, 5; Pausanias, lX, 37, 2.
(10): Belege für dieses Erdbeben könnte Pausanias, lX, 38
sein, wonach Herakles den Schlund der Berge verstopfte, so daß
der Kephissos nicht mehr abfließen konnte.
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