Antikes Boiotien - Ancient Boiotia
home geschichte orte quellen & literatur glossar reise werkstatt vorträge & aufsätze impressum
 


Orchomenos


 

"Schatzhaus des Minyas", Grabungsgeschichte

Von den europäischen Reisenden, die Anfang des 19. Jahrhunderts Orchomenós besuchen, hat wohl Daniel Clarke (11.12.1801) als erster das Kuppelgrab gesehen [1].

Zwischen 1801 und 1803 versucht Lord Elgin, das Kuppelgrab auszugraben, gibt aber auf, weil die Grabung vom Dromos her zu schwierig ist.

Edward Dodwell (18.3.1805) gibt die erste ausführliche Beschreibung des Ortes.

William Martin Leake (18.12.1805) macht eine erste Planskizze des Stadtberges (Bulle S. 3 = Abb. von Orchomenos nach Leake, S. 145.) (Irrtümer im unteren Teil). Auf diese Zeichnung stützt sich

Heinrich Schliemann, der in zwei Grabungen (Anfang November – Anfang Dezember 1880 und Ende März – Mitte April 1881) das Kuppelgrab freilegt. [2].

Der Demarchos (Bürgermeister, Frazer erwähnt seinen Namen mit Gadakis.) des nahen Dorfes Skripou hatte 18 Jahre zuvor (1862) zahlreiche Blöcke des 5,50 m breiten Dromos zum Bau einer neuen Kirche [3] verwandt und damit den Zugang zum Kuppelgrab fast ganz zerstört [4]. 1870 war die Grabkammer nach einer vorausgegangenen Bodenssenkung [Erdbeben?] mit gewaltigem Krachen eingestürzt, wie Augenzeugen Schliemann berichteten [5]. Schliemann bewerkstelligte die Freilegung des etwa 10 m hoch mit Steinquadern und nachgerutschten Erdmassen angefüllten Kuppelgrabs von oben her.

Forschungs- und Erhaltungsarbeiten seit Schliemann

1895 besuchte Frazer das Kuppelgrab und veröffentlichte 1898 in seinem Pausanias-Kommentar [6] aus dieser eigenen Anschauung eine ausführliche und akribische Beschreibung der Tholos. Er teilt uns auch mit, daß er die Wände der seitlichen Grabkammer wieder eingestürzt fand und "Alltogether the place presented a neglected and forlorn appearance. [...] No precautions were taken to protect the tomb from the depredations of the villagers and of unscrupulous travellars."

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts forschten A. Furtwängler und H. Bulle im Auftrag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Orchomenós. Zur Nachgrabung Bulles von 1903 siehe Bulle 85ff.

Lauffer weist in RE Suppl. XXIV (1974) S. 297 auf Restaurierungsarbeiten von Orlando hin, die in Arch. Delt. I (1915), Par. 51ff. und Arch. Anz. XXX (1915) 204ff. Abb. 10. veröffentlicht wurden und einen verbessertem Grundriß brachten. Lt. Lauffer wurden bis 1974 keine neueren Untersuchungen und Vermessungen mehr ausgeführt.

Das Griechische Kulturministerium unternahm dort 1994 Restaurierungsarbeiten, die hauptsächlich in der Entwässerung und Festigung der Mauern der seitlichen Grabkammer bestanden. Arbeiten dieser Art in Bezug auf die Tholos sind dort angekündigt [8]

Das Denkmal befindet sich jetzt [eigener Augenschein Sept. 2001] in gutem Zustand.

(Peter Teuthorn)

_______________

1) Alle Angaben zu den Reisenden aus
Bulle, Heinrich: Orchomenos, I die älteren Ansiedlungsschichten, München 1907, S. 1-4.
2) Schliemann, Heinrich: Orchomenos. Bericht über meine Ausgrabungen im böotischen Orchomenos, Leipzig 1881.
Schlieman vermutete, daß der obere Teil, also die Kuppel zur Zeit des Pausanias sichtbar, also nicht mit Erde bedeckt gewesen sei.
Im Anhang seines Grabungsberichts finden sich sehr schöne von Dörpfeld ausgeführte Zeichnungen, u.a. eines Planes des Grabes, der Tür zur Grabkammer und der skulptierten Decke der Grabkammer. Schliemann machte 1886 Nachgrabungen.
3) Um welche Kirche handelt es sich? Da Schliemann bereits zwei vorher bestehende Kirchen in Skripoù erwähnt, bei denen es sich nur um die Koimisis tis Theotókou und die kleine Kirche des Aghios Zozontós handeln kann, muß es die zeitlich dritte sein.
4) Ernst Meyer: Heinrich Schliemann Kaufmann und Forscher, Zürich u.a. 1969, S. 316.
5) Ebd. S. 316/317.
6) Frazer, J.G.: Pausanias´s description of Greece (translated with a commentary) in six volumes [hier Bd. V], Oxford, 1898 (Nd. Cambridge 1965), S. 187-191.
8) Griechisches Kulturministerium zu Orchomenós
http://www.culture.gr/2/21/211/21109a/e211ia01.html

   
antikesboiotien.uni-muenchen.de - vorläufiger kontakt: boiotien@teu-net.de