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Orchomenos


 


Alt-Orchomenos

Hat es ein Altorchomenos gegeben? Und wenn ja, mußte es beim Ansteigen des Wasserstandes des Kopaissees nach dem Verfall der minyischen Deichbauten aufgegeben werden?

Teilantworten ergeben sich aus der Beschäftigung mit den Wasserregulierungsbauten der Minyer. (Siehe hierzu Ausführungen von Christina Dieckhoff / lokale Website Kopais.)

Als sich der See in Folge des Entwässerungsprojektes des Wasserbauingenieurs Krates nach 338 v.Chr. absenkte, tauchten am Westrand der Kopais Reste alter Siedlungen wieder auf. Nach Strabon (9.2.18) wurde einer dieser Plätze als das alte Orchomenos bezeichnet. Strabon berichtet auch, "Man sagt, Orchomenos habe früher in der Ebene gelegen, als aber die Gewässer höher anstiegen, sei es auf den Berg Akontoion verlegt worden [...]" (Strabon 9.2.42). Vgl. Karte mit Krateskanal im Kopais-Teil.

Flüsse werden am Oberlauf kontrolliert. Die hauptsächlichen Wasserzuflüsse des Kephissos und des Melas gelangen bei Orchomenos in den See. Chr. Dieckhoff weist daher zur Dominanz von Orchomenos, aber auch zum Rückgang seines Einflusses auf folgendes hin: Weil Orchomenos am Kephissos selbst gut vor Hochwasser geschützt liegt, aber beste Möglichkeiten hat, das Hochwasser und die Deichbauten zu kontrollieren, könnte sich die Vormachtstellung in Zusammenhang mit den Bauten schnell entwickelt haben. Gleichzeitig hat Orchomenos nämlich Zugriff auf höher gelegenes Ackerland im westlichen Bereich der Kopais / Oberlauf des Kephissos und war damit als einzige Stadt der Kopais landwirtschaftlich unabhängig von Hochwässern.

Das Kuppelgrab ist recht sicher auf das 16. Jahrhundert v. Chr. zu datieren. Es wurde also von vornherein oberhalb der Siedlung im Trockenen errichtet. Auch das Areal des Klosters von Skripou, wo Spyropoulos die Reste des mykenischen Palastes fand, lag im trockenen Bereich. Es liegt nahe, daraus den Schluß zu ziehen, daß Orchomenos nicht verlegt wurde, sondern tiefer gelegene Siedlungsteile überflutet wurden und sich die Siedlung mit dem Ansteigen des Sees nach oben, also nach Westen, verschob. Das ging dann soweit, dass in byzantinischer Zeit ein großer Teil der Siedlung oberhalb des Palastes und Kuppelgrabes gewissermaßen den Akontion hinaufkroch.

(Peter Teuthorn)


 


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