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[Anfahrt | Geschichte & Rundgang | Tipps | Pläne]

Die Große Kathawothre

[Bearbeitungsstand: Flyer folgt]

Anfahrt

Von Orchomenos aus über die Schnellstraße quer durch die Kopais fährt man in Richtung Kastro über die Autobahn hinaus und biegt links ab in Richtung Neo Kokkino (Achtung, kein Straßenschild). Dort sollte man den linken ansteigenden Weg nehmen. Man kann bei dem kleinen Pinienhain anhalten (Siehe auch Tipps). Über die Straße geht man links über einen kleinen Pfad die Felsen hinab auf die Ebene zu. Der im Sommer trockene Flußlauf des Melas in Richtung Katawothre ist gut zu erkennen. Dort befinden sich am Rand grüne Bäume und Büsche. An einem Ziegenverschlag vorbei geht man durch einen breiten, mehrere Meter hohen Eingang in die Höhle hinein.


Geschichte und Rundgang

Die Kopais ist ein Becken, das in einem typischen mediterranen Karstgebiet liegt. Im Winter wie im Frühjahr verursachten die zahlreich einmündenden Flüsse Hochwasser. Da es nur unterirdische Höhlensysteme gab, durch die das Wasser abfließen konnte, staute es sich zu einem ganzjährigen See unterschiedlicher Ausdehnung.
In mykenischer Zeit wurde von etwa 1600 bis 1200 v. Chr. die gesamte Kopais durch Deichbauten und einen großen Kanal im Sommer vollständig trockengelegt und fruchtbares Land für Ackerbau gewonnen. Das Hochwasser floß schon vorher durch mehrere Felsenhöhlen am Ostrand, vor allem in der Nordostbucht, ab. Eine von ihnen wird die Große Katawothre genannt (griechisch = Sinkloch). Hier hatte sich das Melaswasser durch den leicht verwitterbaren Kalkstein schon vor langer Zeit einen unterirdischen Weg in Richtung Meer gebahnt.
Um jedoch eine gesichertere und schnellere Fließgeschwindigkeit zu erreichen, wurde gegen 1350 v. Chr. von den Minyern aus Orchomenos alle Hauptabflüsse der Kopais, so auch die Große Katawothre, ausgebaut. An der Seite liegende Felsnischen und Seitenhöhlen wurden begradigt (siehe Zeichnung).

Gerade und fast bis zur Decke reichende Mauern verbesserten die Strömungsverhältnisse und verhinderten die Ablagerung von Material wie Holz und Treibgut, aber auch von Sedimenten. Mehrere begehbare Terrassenstufen dienten bei verschieden Wasserständen vor allem Wartungs- und Pflegearbeiten. Sie sind zum großen Teil noch sehr gut erhalten. In größerer Tiefe dieser Höhle verschwand das Hochwasser in Nischen, Spalten und Festklüften, um sich unterirdisch seinen Weg in Richtung Meer zu bahnen.
Es trat in der Bucht von Skorponeri wieder aus. Weiter im Inneren ist die Große Katawothre mit zunehmender Verwitterung und Auswaschung des Kalksteins heute eingestürzt. Vielleicht haben die hier häufig auftretenden Erdbeben ihren Teil dazu beigetragen. So fällt durch einen nach oben gehenden Schacht Tageslicht in die Große Katawothre, man kann daher recht gut sehen. Mit dem Untergang der mykenischen Kultur um etwa 1200 v. Chr. verschwanden die Kenntnisse der minyischen Deichbautechnik. Ein möglicher Grund dieses Untergangs, heftige Erdbeben, die zum Einsturz mehrerer Katawothren in der Nordostbucht führten, werden bei Pausanias beschrieben:

Die Thebaner sagen, der Fluß Kephissos sei von Herakles in die orchomenische Ebene (Kopaissee) geleitet worden; bis dahin sei er unter dem Berg weg in das Meer gegangen, bis Herakles den Schlund durch den Berg verstopfte. (Pausanias, IX, 38)

Eine ungeheure Überschwemmung war die Folge. Das mit den Bauten verbundene Ingenieurswissen ging nun verloren, auch wenn noch mehrfach durch von außen kommende Baumeister, wie 338 v. Chr. Krates im Gefolge Alexanders d. Gr. oder durch Ingenieure Hadrians Anfang des 2. Jh n. Chr, eine erneute Trockenlegung der Kopais oder einzelner Buchten versucht wurde. Trotzdem blieb die Große Katawothre bis zur endgültigen Trockenlegung der Kopais im 19. Jahrhundert durch die Engländer in Benutzung.

Mit zunehmender Zeit erhöhte sich in der Kopais der Seeboden durch Ablagerungen um bis zu 3 m, so daß der Wasserspiegel entsprechend anstieg und der Kopaissee seinen Umfang von 70 km in der Antike auf 110 km in der Neuzeit vergrößerte. Dadurch wurden die Deichbauten bis in die heutige Zeit von einer Torfschicht bedeckt und konserviert, so daß auch heute noch Reste von ihnen in der Landschaft zu erkennen sind.

Betritt man die Große Katawothre, so ist man vor allem im Sommer von der angenehm kühlen Temperatur im Inneren überrascht. Man sollte eine Taschenlampe mitnehmen, damit man die sehr gut erhaltenen Mauern besser erkennen kann. Im Eingangsbereich sind für geologisch Interessierte sehr schön die in der Skizze auf der Vorderseite eingezeichneten schräg gestellten Felsschichtungen zu erkennen. Sie sind die Folge eines bis heute andauernden Beckeneinbruchs der Kopais.

Innerhalb der Großen Katawothre sieht man die sehr gut erhaltenen mykenischen Mauern zur Kanalisierung des Hochwassers, die begehbare Terrassen enthalten. Am Ende der Katawothre ist die Felsdecke eingestürzt, von oben dringt Tageslicht herein. Auf einem nahegelegenen Plateau befindet sich eine mykenische Burganlage, sie diente der Überwachung und Sicherung der Großen Katawothre.

Man sollte daher auf dem weiteren Weg in jedem Fall Halt beim nahegelegen Gla machen. Hier befinden sich auf einer Felseninsel die eindrucksvollen Reste einer mykenischen Festungsanlage, die vermutlich zur Überwachung der Deichbauten in der Nordostbucht diente. Sie war nur bis etwa 1220 v. Chr. in Benutzung und wurde nach ihrer Zerstörung durch Erdbeben aufgegeben. Sehr sehenswert sind die bis zu 3 m Höhe erhaltene große Umfassungsmauer von 7 km Länge, und die sehr gut erhaltenen Toranlagen.

Weitere zahlreiche Burganlagen aus mykenischer Zeit auf Felsanhöhen umgeben die Kopais. Sie liegen in Sichtkontakt zueinander und bildeten möglicherweise ein miteinander kommunizierendes Überwachungssystem.

Tipps

Die Ausfahrt kann leicht verfehlt werden. Sie sind richtig, wenn Sie rechts der schmalen Straße einen schattigen Pinienhain sehen. Links geht es einige Meter steil hinab zum Kopaisbecken. Man sollte beim Betreten der Katawothre für die bessere Sicht eine Taschenlampe mitnehmen. Achtung: innen herrschen deutlich kältere Temperaturen vor.


Pläne
Gesamtplan - Aufsicht (83 KB, aber Geduld wird belohnt!)
Schema Eingang & Schnitt (45 KB)

© Christina Dieckhoff
Mai 2002


 

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Eingang Gr. Katawothre
   
   
 
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