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[ Anfahrt | Geschichte
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Das Ptoion-Heiligtum
Bearbeitungsstand: Photos und Text Reiselektüre folgen.
Anfahrt
Von Theben aus ist der dem Heiligtum am nächsten gelegene Ort Akraiphnion
relativ schnell über die Autobahn zu erreichen. Hat man jedoch mehr
Zeit, so lohnt sich der Umweg durch die Ebene des ehemaligen Kopaissees.
In Akraiphnion folgt man der Strasse Richtung Hag. Pelaghía und Kókkinon.
Ca. 3 km nach dem Ortsende zweigt rechts ein Schotterweg ab, der 300
Meter weiter - kurz vor der Kapelle Hag. Paraskeví - unterhalb des Heiligtums
vorbeiführt. Ein braunes Hinweisschild auf der linken Seite des Weges
kennzeichnet die Ausgrabung, die ansonsten auf den ersten Blick schwer
zu erkennen ist.

Etwas zur Geschichte
Einst an der Kreuzung der beiden wichtigsten Passwege durch des Gebirge
gelegen, entwickelte sich die vorhistorische Siedlung im Laufe der Jahrhunderte
zu einem bis über die Grenzen Boiotiens hinaus bekannten Orakelheiligtum.
„Apollon ... schwang sich, beging die Erde und das Meer, stand
auf des Gebirges weit sichtbaren Höhen und suchte Stellen, dort Grundlagen
zu schaffen zum Bau heiliger Stätten..“.
So beschreibt Pindar (frag.32a, Übers. Oskar Werner, München) die Ankunft
des Gottes Apollon, den man seit dem 7. Jh. v. Chr hier im Ptoion verehrte.
Der bis dahin im Ptoion ansässige Lokalheros Ptoios bekam eine neue,
ca. 1km entfernte Kultstätte zugewiesen. Glaubt man der Sage, so legitimierte
Apollon seinen Anspruch auf den Ort indem er das ptoische Ungeheuer
tötete.
Unter thebanischer Verwaltung (7. – Mitte 5. Jh. v. Chr) erlebte das
Heiligtum seine große Blütezeit. Einzelpersonen, aber auch Vertreter
boiotischer und anderer griechischer Städte kamen, um den Rat des Gottes
einzuholen. Weihgeschenke die davon zeugen sind die zahlreichen, im
Museum Theben und im Nationalmuseum Athen ausgestellten Kurosstatuen.
Auf die Zerstörung des Heiligtums 335 v. Chr. durch die Makedonen folgten
der Wiederaufbau 316 v. Chr. sowie Modernisierung und Vergrößerung einiger
Gebäude. Der erste Steintempel beispielsweise stammt aus jener Zeit.
Dreifüße, bis zu 2,5 m hohe, bronzene Kessel auf drei, in Löwentatzen
endenden Beinen aus dem selben Material säumten nun die „heilige Strasse“,
den Prozessionsweg, welcher durch das ganze Heiligtum zum Tempel führte.
Diese Weihungen waren typisch für die nun folgende, zweite Blütezeit.
Ihre Basen liegen heute über das ganze Gelände verstreut im Gebüsch.
Seit der Übernahme des Orakels durch die delphische Amphyktionie 227
v. Chr, fanden bis ins ins 3. Jh. n. Chr musische Spiele zu Ehren Apollons
statt. Abgesandte verschiedener boiotische Städte wie Theben, Thespiai,
Tanagra, Lebadia, Orchomenos maßen hier ihr Können.
Unter römischer Herrschaft hatte das Heiligtum bereits stark
an Bedeutung verloren. Pausanias erwähnt es in seinen Reiseaufzeichnungen
aus dem 2. Jh. n. Chr. nur kurz.
In byzantinischer Zeit wurde an der Stelle des Heiligtums das
Kloster Ag. Pelaghía errichtet, das man während der türkischen Besatzung
aus Sicherheitsgründen weiter hangaufwärts versetzte.

Der Weg durch das Heiligtum
Der Rundgang beginnt auf der untersten Terrasse. Hier befindet sich
die Zisterne mit ihren sieben gleichgroßen Kammern. Sie wurden
von der oberhalb des Geländes entspringenden Perdikovrysi-Quelle mit
Wasser gespeist. Durch eine Metalleitung, die in dem heute noch sichtbaren
Kanal verlief, war die Zisterne mit dem davorliegenden, runden Auffangbecken
verbunden. Die Anlage stammt aus den Jahren nach 316 v. Chr. Unterhalb
des Kanals sind die Reste der vorhergehenden Quellfassung aus archaischer
Zeit zu erkennen.
Ein Stück weiter oben auf der mittleren Terrasse sind deutlich die Grundrisse
zweier paralleler, eng beieinander liegender Säulenhallen auszumachen.
Sie dienten vermulich den Pilgern als Unterkünfte oder zumindest als
Aufentaltsräume zum Schutz vor der sengenden Sonne. Stark von Gestrüpp
überwuchert sind dagegen die Grundrisse der älteren Bauten direkt nordöstlich
neben den Säulenhallen deren Funktion nicht geklärt werden konnte. Hier
liegen die bereits oben erwähnten Dreifußbasen!
Auf der dritten Terrasse war der Ratsuchende schließlich an seinem Ziel,
dem Zentrum des Heiligtums, angelangt. Hier befand sich der Tempel,
ein dorischer Peripteros mit Pronaos, mit einem Altar auf dem
östlichen Vorplatz an dessen Stelle heute ein großes Gebüsch steht,
und einer Rampe an seiner Westseite, die den Zugang zur Orakelgrotte
für diePriester erleichterte. Zu Zeiten der Ausgrabungen (1885 – 1936)
war die Grotte noch die ersten 4 m begehbar. Heute ist sie mit Erde
verfüllt und ihre Decke eingestürzt.
Über die Rituale, die vollzogen wurden, um einen Spruch des Orakels
zu erhalten, ist uns leider nur wenig überliefert. Vermutlich nahm
der Priester in der Orakelgrotte einen Trank aus der Quelle, der es
ihm ermöglichte den Worten der Götter zu lauschen. Derart
vorbereitet gelangte er über die, an der Westseite des Tempels
anschließende Rampe, ins Innere des Tempels, wo er das eben Gehörte
an die Ratsuchenden weitergab.
Herodot schildert in einem kurzen Absatz das Erlebnis des Mys aus Europos.
Dieser war von dem Persischen König Mardonios ausgesandt worden,
von möglichst vielen Orakeln Prophezeiungen einzuhohlen. Bei der
Erledigung seines Auftrags besuchte er unter anderem das Apollonheiligtum
im Ptoion:
"Besonders merkwürdig aber klingt mir folgende Erzählung
der Thebaner: Dieser Mys aus Europos gelangte auf seiner Wanderung
zu allen Orakelstätten auch zum Heiligtum des Apollon Ptoos.
Sein Heiligtum heißt Ptoon und gehört den Thebanern; es
liegt über dem Kopaissee am Fuß eines Berges ganz nahe
der Stadt Akraiphia. Als der genannte Mys diesen heiligen Bezirk betrat,
folgten ihm drei von der Gemeinde gewählte Männer, die den
Götterspruch aufzeichnen sollten. Sofort verkündete der
Oberpriester des Gottes den Spruch in fremder Sprache. Da wunderten
sich die anwesenden Thebaner, daß sie statt der griechischen
eine fremde Sprache hörten, und wußten nicht, was sie mit
dem gegenwärtigen Ereignis anfangen sollten. Mys aus Europos
aber nahm ihnen die Tafeln, die sie mitgebracht hatten, aus der Hand
und trug den Spruch des Priesters darauf ein. Er erklärte, der
Priester habe das Orakel in karischer Sprache gegeben. Nach der Niederschrift
ging er nach Thessalien weg."
(Herodot VIII 135; Hrsg. J. Feix, München 1963)

Auf dem Heimweg
... sollte man sich in Akraiphnion eine Erfrischung genehmigen.
Falls man sich danach doch noch dazu entschließt, die antike Akropolis
des Ortes zu erklimmen, wird man reich belohnt. Die ersten Meter bis
zur Kapelle Ag. Georgios können noch mit dem Auto zurückgelegt
werden. Nach einem gemütlichen Aufstieg von ca. 20 min bietet sich
einem – neben einem sehr gut erhaltenen Stadttor aus hellenistischer
Zeit – ein geradezu unglaublicher Blick über die Ebene der Kopais.

Pläne
Übersichtsplan Ptoion
© Barbara Paulmichl
Mai 2002
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